05 | Hermine Reisinger | Tote Kinderseele
Hermine Reisinger hat eine Geschichte zu erzählen, bei der ihr niemand etwas vormachen kann, weil es die Geschichte über ihr Leben ist. Und um ihr Leben wurde sie betrogen. Offen und schonungslos erzählt sie in ihrem Buch „Tote Kinderseele“ von einer Kindheit voller Gewalt und Misshandlung und von ihrem Weg aus der Leidensspirale.
Wir haben die in Villach lebende Autorin und Glaskünstlerin interviewt und gefragt, was sie dazu bewegt hatte, ihren alles andere als einfachen Weg praktisch offenzulegen. Ihr Wunsch ist es, wie sie sagt, „auch anderen Menschen Mut zu machen, über erlebte Grausamkeiten zu sprechen“, denn „wenn man nicht ehrlich zu seinem Leben steht, verkrümmt sich die Seele. Meine Seele wurde so massiv zerstört, dass es für mich einen speziellen Wert hat, den schwerverletzten Menschen zu zeigen, der sich nicht beugen ließ. Und dazu gehört die ganze Geschichte, nicht nur Ausschnitte daraus.“
Hermine, in den Medien wird immer wieder die hohe Dunkelziffer im Bereich der sexuellen, körperlichen und seelischen Gewalt – vor allem auch innerhalb der eigenen Familie – diskutiert. Was meinst du, warum es für Opfer so schwierig ist, das Schweigen zu brechen?
„Weil sie sehen, was mit ihnen geschieht, wenn sie darüber sprechen. Zu vielen Missbrauchsopfern, die eine Anzeige wagen, wird Verlogenheit unterstellt. Es wird ihnen oft nicht zugehört und noch öfter nicht geglaubt, sie erfahren viel mehr Ablehnung als Verständnis. Und sie werden von ihren Peinigern oft schwer erpresst. So ist es auch bei mir gewesen, als die Katze Minka erschossen worden ist und ich die Schuld dafür bei mir gesucht hatte. Viele Jahre lang wagte ich dann nicht mehr, über mein Leid zu sprechen.“
Trotz allem hast du deinen Weg zurück ins Leben gefunden. Dürfen wir um deinen persönlichern Ratschlag für junge Menschen, denen Gewalt widerfährt, bitten?
„Das ist schwierig, denn jeder Fall ist individuell. Die missbrauchten Kinder, Frauen und Männer haben die Hölle hinter sich oder erleben sie gerade und müssen den Mut aufbringen, ihre Peiniger und ihr Leid zu benennen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die allgemeine Gesetzeslage täterorientiert ist. Wichtig wäre es daher, zum Beispiel über öffentliche Diskussionen, die Opfer dahingehend zu stärken, dass sie zur Polizei gehen und Anzeige erstatten! Vor allem, wenn das eigene Umfeld versagt. Oder noch viel schlimmer, wenn die Institutionen versagen, denen man anvertraut ist, wie es auch bei mir der Fall war. Die Polizei hat gut ausgebildete Beamtinnen und Beamten, die mit Mädchen und Buben ihrem Alter entsprechend umgehen. Und die Polizei gibt die Anzeige auch weiter. Man hat damit dem Täter oder der Täterin gezeigt: Mit mir kannst du das nicht mehr machen, du bist für mich nicht mehr das unantastbare Monster!“
Auf unseren knallgelben pingeb.org-Stickern in Villach können derzeit die gemeinsam mit Hermine Reisinger ausgesuchten Leseproben aus ihrem Buch „Tote Kinderseele – Mein Weg zurück ins Leben“ heruntergeladen werden.
„Die Wahrheit ist oft schwer zu ertragen, aber sie ist nie so zerstörerisch wie eine Lüge!“
ist ihr Leitgedanke, der Hermine Reisinger gerettet hat.
Möge er vielen betroffenen Menschen Mut machen!
Hermine Reisinger
Tote Kinderseele – Mein Weg zurück ins Leben
Erhältlich am Büchertisch in der
Villacher Galerie Offenes Atelier D.U.Design oder direkt bei der Autorin.
Hermine Reisinger im Web:
www.gegensexuellegewalt.at
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