Gertraud Klemm

75 | Gertraud Klemm | Aberland

Gertraud Klemm bekam bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur im Juni 2014 von der Jury kalt-warm. Hildegard Keller bescheinigte ihrem Auszug aus den druckfrischen Roman „Aberland“ ein „glasklares Stück Wutliteratur“. Burkhard Spinnen dagegen sah darin nicht mehr als „Frauenzeitschriftsaufschei-Prosa“. Heftige Diskussionen folgten. Dem geneigten Publikum gefiel Klemms schonungsloser Text über die Zerrissenheit einer jungen Akademikerin zwischen Feministin und Muttertier. Gertraud Klemm wurde mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

Gertraud Klemm

Die 43-jährige Wienerin nahm beruflich den Umweg über ein Biologiestudium und eine Anstellung als Trinkwasserkontrolleurin der Stadt Wien, ehe sie sich 2006 ganz aufs Schreiben verlegte.

Schon in ihrem Debütroman „Herzmilch“ beschäftigt sich die Mutter zweier adoptierter Söhne mit den Geschlechterrollen im gutbürgerlichen Milieu. Klemm versteigt sich dabei nicht in unreflektiertes Bejammern unüberwindbarer patriarchaler Strukturen. Sie nimmt die Frauen ordentlich in die Pflicht, wie sie auch kürzlich auch in einem großen Interview mit der taz untermauerte: „Ich glaube einfach, dass die Bereitschaft, ernsthaft Geld zu verdienen, bei Männern hundertprozentig ist und bei Frauen vielleicht fünfzig Prozent. Die restlichen fünfzig Prozent sind Mama-Reserve.“

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„Aberland“, der Romantitel, ist Klemms eigener Definition nach „eine Metapher für diese ständige Beschneidung der Möglichkeiten. Immer müssen die Frauen aber sagen.“ Der bei Droschl erschienene Roman schildert die verschiedenen und sich dennoch ähnelnden Lebensituationen zweier Frauen: Elisabeth, 58, die versucht, würdevoll zu altern. Und Franziska, 35, die erkennt, dass der Alltag als Mutter das Versprechen der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht einlösen kann. Eine gesellschaftliche Situation, in der mit viel „ja-aber“ die wichtigen Entscheidungen verschoben und verhindert werden. Der Roman erscheint am 6. Feber, ab da erhältlich um 19 Euro bei Heyn, Thalia, Amazon bzw. im gut sortierten Buchhandel.

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Gertraud Klemms Website

Fotos: Droschl, TDDL/ORF Kärnten/Johannes Puch